Ein altes Haus direkt am Marktplatz von Gerabronn wird von Henning Hertlein wachgeküsst. Es entwickelt sich zu einem echten Kleinod.
Jede Menge Bauschutt stapelt sich in den verschiedenen Räumen: Die Wände des historischen Gebäudes waren innen mit Gipskarton- und Leichtbauplatten verkleidet und außen mit Zement verputzt. Dadurch waren die Naturstein- und Fachwerkwände nicht mehr sichtbar und sie konnten nicht mehr atmen, erzählt Henning Hertlein, der das Haus seit 2021 fachgerecht saniert. In der Folge hat sich zu viel Feuchtigkeit gebildet und das jahrhundertealte Eichenfachwerk ist verfault. „So sind leider im Laufe der Jahre viele historische Gebäude kaputtsaniert und viele Bausünden begangen worden“, betont der Handwerker, der sich 2012 mit Inobel, einem Betrieb für hochwertige Sanierung und Ausbau, selbstständig gemacht hat. Schon davor war er viele Jahre in der Modernisierung von alten Gemäuern tätig, „eine große Leidenschaft von mir“. Das heute insgesamt vier Mann starke Team kümmert sich dabei um alles, „wenn gewünscht von der Immobilienkaufberatung über die erste Planung bis zum letzten Hammerschlag“.
Das Gebäude gegenüber der Kirche am Gerabronner Marktplatz lässt von außen schon erahnen, welches Potential in ihm steckt. Die unteren beiden Stockwerke sind aus Stein gebaut – Muschelkalk als Fundament und beiger oder violett-roter Sandstein darüber. Die Steine wurden rund um Gerabronn gebrochen, eine sehr nachhaltige Art zu bauen, meint der Experte. Henning Hertlein schätzt das Alter des Hauses von der Substanz und der Bauweise her auf mindestens 350 Jahre, genaueres ist leider nicht bekannt. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Hinterhaus angebaut, 1831 das zweite Ober- und Dachgeschoss von Carl Ziegler aufgestockt, wie über dem Eingang zu lesen ist. Henning Hertlein hat das Haus 2012 von der Gemeinde gekauft, damit es fachgerecht saniert und wieder zu einem Schmuckstück wird. Der Experte kommt richtig ins Schwärmen: „Die Decken wurden in Lehmwickeltechnik ausgeführt und die Hölzer sind nach wie vor in einem hervorragenden Zustand.“ Die Deckenbalken und Unterzüge seien nicht gesägt, sondern behauen – was dem Alter des Gebäudes entspricht und es dadurch optisch noch attraktiver macht.
Die Techniken, mit denen das Haus gebaut wurde, seien schon bemerkenswert und sollten erhalten bleiben, betont der Hausbesitzer, „aus Respekt vor den damaligen Erbauern“. Das Mauerwerk, die Decken und das Gebälk sollen soweit möglich sichtbar sein, „ich will größtmögliche Authentizität“. Darum müssen die verwendeten Materialien original sein: Henning Hertlein besorgt sich von Abrissbauten beispielsweise alte Eichenbalken, um die durchgefaulten zu ersetzen. Dass das auch in der Vergangenheit so gehandhabt wurde, ist an den verbauten Hölzern zu sehen, die zum Teil an Stellen Zapfenlöcher aufweisen, die in der jetzigen Einbausituation keinen Sinn machen, „das zeigt die Zweitverwendung, dass sie ursprünglich an einem anderen Platz verbaut waren“.
Neben der Optik haben die traditionellen Bautechniken den Vorteil, erzählt der gelernte Schreinermeister, dass sie hervorragend für das Raumklima seien. „Die Materialien der Vergangenheit werden mit dem Wohnkomfort aus der Gegenwart kombiniert.“ Anstatt der heute üblichen synthetischen Dämmmaterialien kommen Isocalm-Platten aus Napier- oder Elefantengras zum Einsatz – sie lassen die Wände atmen. Zusätzlich wird das Fachwerk mit modernen Lehmziegeln ausgemauert, „eine Lebensversicherung für eine alte Wand“. Zusammen mit einer modernen Pellet-Niedrigtemperaturheizung werden dadurch beispielsweise die Heizkosten gesenkt und bauphysikalische Fehler vermieden.
Insgesamt stehen in dem viergeschossigen Haus 650 Quadratmeter zur Verfügung. Aus ihnen entstehen sieben bis acht, 55 bis 80 Quadratmeter große Apartments, zum Teil auch barrierefrei. Die Maisonette-Wohnungen im Dachgeschoss bieten einen weiten Ausblick über das Hohenloher Land. Auch den Innenausbau mit Natursteinen, Holz, Kalk- und Lehmputz übernimmt Henning Hertlein mit seinem Team. Anfang nächsten Jahres sollen die ersten Mieter einziehen können. th