Ehepaar Brehm schießt in der Wildnis atemberaubende und preisgekrönte Bilder
Im afrikanischen Busch schreibt die Natur täglich spannende Geschichten. Christine und Torsten Brehm halten einen Teil davon mit der Kamera fest. Der praktizierende Tierarzt aus Spielbach gehört zur Crème de la Crème der Naturfotografen weltweit. Das belegen renommierte Auszeichnungen.
Zwei goldige Löwenbabys schmusen im dürren Gras. Ihr Fell wirkt flauschig, die Öhrchen teddyhaft und der Blick herzerweichend. Wer würde sie nicht gerne streicheln? Zu spät! Aus den beiden Simbas sind längst hungrige Löwen-Könige geworden. Sie krallen ihre Pranken in das Fell eines Büffels, der vor Schmerzen brüllt.
Beide Szenen haben die Hobbyfotografen Christine und Torsten Brehm im afrikanischen Okavango-Delta festgehalten. Durchschnittlich einmal pro Jahr bereist das Ehepaar den südlichen Kontinent. Allein in Botswana waren sie 22 Mal. Wahre Schätze finden sich in ihrem Archiv: Giraffen stehen im glutroten Licht der Abenddämmerung, eine Schlange schluckt eine fette Kröte und Leierantilopen flüchten vor einem Krokodil. Immer haben die Spielbacher den perfekten Moment erwischt. Viel Geduld ist dafür nötig und stundenlanges Sitzen in der Wildnis. γ
Auf eine Action-Aufnahme mit den erwachsenen Löwenbrüdern warteten sie drei volle Tage. „Die haben die ganze Zeit gepennt“, erzählt Torsten Brehm (43). Kurz vor Sonnenuntergang brachen die Abenteurer enttäuscht ab und nahmen einen kleinen Reiher ins Visier. Plötzlich rauschten die Löwen an ihnen vorbei und hinter den Büffeln her. Die Brehms schossen atemberaubende Fotos aus
20 Metern Abstand. Sieben Jahre hatten sie von diesen Fotos geträumt. Ihr Fahrer sagte auf Englisch: „Besser werdet Ihr es nie wieder kriegen.“ Als Einheimischer kennt er sich in der Gegend bestens aus und erlebte die Entwicklung von den Löwenbabys bis zu den Büffeljägern hautnah mit. Das gehörnte Opfer kam zunächst mit dem Leben davon. Seine Herde kehrte zurück und schlug die Löwen in die Flucht. Zwei Tage später erlegten sie den verletzten Büffel vollends.
Die beiden Spielbacher verspüren in der Wildnis keinerlei Angst. „Wenn man sich vernünftig verhält und einen gewissen Respekt hat, ist es nicht gefährlich“, beteuert Torsten Brehm. Seine Frau erklärt: „Wenn Büffel oder Löwen in der Nähe sind, dürfen wir uns im offenen Auto keinesfalls aufstellen oder herausbeugen.“ Dann würden die Tiere das Fahrzeug und seine Insassen als großes Ganzes betrachten und einen Angriff nicht in Betracht ziehen.
Doch auch eine richtig brenzlige Situation meisterte das Ehepaar bereits: Als eine schlecht gelaunte Elefantenherde auf ihren Geländewagen zu rannte, entkamen sie um Armeslänge. Später versperrten die Dickhäuter den einzigen Rückweg. Selbst die erfahrenen Fahrer waren nervös und erteilten Anweisungen: „Wenn sie das Auto umwerfen: Sitzenbleiben! Keinesfalls fliehen“, erinnert sich Christine Brehm (52). Bei Anbruch der Dunkelheit brausten sie ungeschoren an den Elefanten vorbei – dank Hupe und Licht. „Die Tiere waren dadurch abgelenkt und konnten nicht genau einschätzen, was da auf sie zukommt“, beschreibt sie. Afrika sei eben voller Überraschungen. „Es kommt vor, dass ein Leopard nachts an der Tür kratzt oder ein Nilpferd am Zelt wackelt“, schmunzelt ihr Mann.
Für Christine und Torsten Brehm ist Afrika eine Leidenschaft. Sobald sie den Ruf der Glockenfrösche hören und den Duft der Akazienbäume atmen, fühlen sie sich zu Hause.
Zum Hobby kam Torsten Brehm über seinen Vater. Der pensionierte Tierarzt Dr. Hermann Brehm ist selbst ein erfolgreicher Naturfotograf
(www.brehmstierleben.de). Gemeinsam reisten sie nach Afrika, um die Tierwelt mit dem Fotoapparat festzuhalten.
Christine Brehm lernte das Land bei einer Kenia-Reise lieben. Durch ihren Mann kam sie später zur professionellen Wildtier-Fotografie. „Es ist ein Hobby und nichts, womit wir Geld verdienen müssen“, sagt Torsten Brehm. „Die Fotos gehen teilweise an Agenturen oder nehmen an Wettbewerben teil. Aber das Wichtigste ist uns ein schöner Kalender und ein tolles Fotobuch.“
Ihr Equipment halten sie schlank, weil in den Safari-Fahrzeugen wenig Platz ist. Im Gepäck haben sie drei Canon-Kameras samt Teleobjektiven und Einbeinstativ.
Schon als Teenager gewann Torsten Brehm hohe Auszeichnungen. Im Alter von 17 Jahren durfte er sich „Young Wildlife Photographer of the Year“ nennen. Ausrichter des renommierten Wettbewerbs waren keine geringeren als das Natural History Museum in London und das BBC Wildlife Magazine. Ein halbes Jahrzehnt später erhielt er den Preis in der Erwachsenen-Kategorie „Tierverhalten – Vögel“. Er hatte ein namibisches Schwarzhalstaucher-Paar beim Füttern seiner Küken abgelichtet. Die Deutsche Presse-Agentur zählte ihn damit 1997 in ihrer Berichterstattung zu den besten Naturfotografen der Welt. Aktuell steht er in der Endauswahl für den „Größten Maasai Mara Fotografen des Jahres“ der Angama Foundation.
Seine Abenteuer in Afrika kommen Torsten Brehm auch bei der Arbeit als praktizierender Tierarzt für Pferde, Rinder, Schweine und Heimtiere zu Gute. „Man lernt, den Gesichtsausdruck der Tiere zu lesen und wird aufmerksamer.“ Nach einer Safari guckt er zu Hause noch tagelang in jede Baumkrone, obwohl er genau weiß: „Da sitzt kein Leopard.“ sab