Die Nefzers sorgen für Effekte beim Film
Die Leinwand geht in Flammen auf – das Publikum gerät in Panik. Zwei Männer mit Dynamit-Stangen an den Beinen sprengen das Kino in die Luft. Es wird in einem Feuerball zerstört.
So endet der Film „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino. Dass die Fassade des französischen Kinos so effektvoll explodierte und niemand dabei zu Schaden kam, dafür sorgten Uli und Gerd Nefzer. Die beiden sind zusammen mit Karl Nefzer Geschäftsführer und treibende Kräfte beim Special Effects-Dienstleister „Die Nefzers“. Das Unternehmen sitzt unscheinbar in einem Fachwerkhaus in der Gelbinger Gasse in Schwäbisch Hall und hat eine Dependance in Babelsberg in Potsdam.
Doch der Weg zu einem der international gefragtesten Special Effects-Teams war weit. Karl Nefzer hat Anfang der 1970er Jahre Möbel restauriert und historische Waffen gesammelt. Das hat sich herumgesprochen und als eine Filmproduktion in München Waffen benötigte, fragten die Ausstatter in Schwäbisch Hall nach. Nefzer war im Geschäft: Er sorgte beispielsweise für die Fahrzeugausstattung bei allen Filmen von Rainer Werner Fassbinder: „Günter Lamprecht sollte mit einem meiner historischen Autos fahren“, erzählt der Seniorchef, „und erwischte den falschen Gang, er fuhr rückwärts in die Kulissen“. Das sei „schade für den Oldtimer“ gewesen, kommentiert Karl Nefzer das Ereignis trocken.
Der harte Job fordert das ganze Team, Qualität und Disziplin seien Voraussetzung für den Erfolg. Anfang der 1990er Jahre dachte Karl Nefzer über die Zukunft seines Betriebs nach und wollte eigentlich aufhören. Doch durch den Fall der Mauer gewann der Filmstandort Babelsberg an Bedeutung und gute Special Effects waren gefragt – Sohn Uli Nefzer stieg mit ein. Später kam Gerd Nefzer (geb. Feuchter), zunächst Freund der Tochter und heute Schwiegersohn, dazu. Während Uli Nefzer den Beruf des Werkzeugmachers erlernte, der ihn auf den Job vorbereitete, ist Gerd Nefzer Diplom-Agrar-Techniker, „wir entwickeln uns durch viel probieren sowie testen weiter und werfen auch mal einen Blick hinter die Kulissen eines anderen Special Effects-Teams“, erzählt der Fachmann.
„Die Nefzers“ verleihen heute kaum noch Fahrzeuge und andere Ausrüstungsgegenstände, Wettererscheinungen, Effektbauten, Nebel und Rauch sowie Brände und Explosionen aller Art sind ihre Spezialität, „da kann uns keiner aus Hollywood das Wasser reichen“, betont Karl Nefzer, der sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat. Die Aufträge bekommen die Haller nicht durch klassische Werbung, sondern durch Empfehlung und die Filme, die sie bisher gemacht haben: „Da klingelt beispielsweise das Telefon und ein Mann, den ich nicht kenne, gibt mir den Auftrag zu einer Großproduktion“, so Gerd Nefzer. Es folgen weitere Gespräche mit den Verantwortlichen und dann geht es an die Vorbereitungen für die Dreharbeiten. „Die Nefzers“ rücken mit ihrem Team und mobilen Werkstätten an, „da kommen schon einmal 120 Tonnen Material zusammen“, erläutert Nefzer. Derzeit arbeiten die Spezialisten in Budapest am Film „Die Hard“ (Stirb langsam) Teil 5. „Wir freuen uns, wenn wir an einer solchen Filmserie mitwirken dürfen, da wird uns sehr viel Vertrauen entgegengebracht.“
Der Erfolgsdruck sei aber enorm hoch, denn die Produktionen seien sehr teuer, müssen das Geld wieder einspielen und einen satten Gewinn abwerfen, macht Gerd Nefzer deutlich. Neben eindrucksvollen Effekten müssen „Die Nefzers“ für die notwendige Sicherheit sorgen, „keiner der beteiligten Schauspieler darf einen Kratzer abbekommen – die nervliche Belastung ist gewaltig“. Die Effekte werden detailliert geplant und laufen in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge ab – die Schauspieler müssen sich daran halten, sonst wird es gefährlich.
Wenn man Teil der internationalen Filmszene ist und ständig mit großen Stars zusammenarbeitet, „benötigen wir eine gewisse Ruhe und Erdung“, betont Nefzer, „die finden wir in Hall“.
Nur so ist es möglich, dass Quentin Tarantino, einer der anspruchsvollsten Regisseure Hollywoods, zufrieden ist mit der Arbeit des Haller Special Effects-Teams. th
Foto: Gerd Nefzer (vorne links) und sein Team bei den Dreharbeiten zu Roland Emmerichs Film „Anonymus“ im Jahre 2011. (Bild: privat)