Ebbes aus Hohenlohe

„Wir erhalten viel zurück“

Die Gemeindeschwester Heidrun Andörfer (li.) misst bei Martha Gleiter den Blutzucker. Sie betreut die Rot am Seer Patientin schon etliche Jahre.

Eine Gemeindeschwester erzählt aus ihrem Alltag

Die Arbeiten sind vielfältig, die Wege sind weit: Gemeindeschwestern stellen auf dem Land die medizinische Versorgung und die Pflege ihrer Patienten sicher.

Arbeitsbeginn ist um 6.15 Uhr. Heidrun Andörfer trifft sich mit ihrer Kollegin im Dienstzimmer und tauscht die neuesten Informationen aus. Vor allem das Übergabeprotokoll vom Vorabend interessiert: Hat sich etwas geändert? Benötigt ein Patient eine andere Behandlung? Die Tasche mit den Messgeräten und Medikamenten wird gepackt, dann geht es los: Das Pflegeteam Rot am See ist für das ganze Gemeindegebiet zuständig, die eine Tour hat den Schwerpunkt im Hauptort, die andere in Brettheim und Umgebung. Die Gemeindeschwestern stellen die Grundversorgung ihrer Patienten sicher. Dazu gehört vor allem die Körperpflege. Alle weiteren Maßnahmen muss ein Arzt verordnen, „das gehört dann zur Behandlungspflege“, erklärt die 45-Jährige. Darunter fallen beispielsweise die Wund- und Blutzuckerversorgung und der Wechsel eines Katheters. Auch Medikamente werden verabreicht: Die Packungen stehen im Dienstzimmer, die tägliche Ration wird jeweils mitgebracht. Eine weitere Aufgabe ist beispielsweise das morgendliche Anziehen von Kompressionsstrümpfen. Heidrun Andörfer lacht: „Da muss man mit Schmackes anpacken.“

Während eines Krankenhausaufenthalts entschied sich die damals Elfjährige für ihren Beruf: „Ich wollte Menschen helfen.“ Nach der Ausbildung zur Krankenschwester, ersten Berufsjahren in einer Klinik und der Familienphase stieg sie vor 13 Jahren als Gemeindeschwester wieder in den Beruf ein.

Pro Tour besucht sie rund 15 bis 20 Patienten und ist bis zirka 13 Uhr unterwegs – mal kann es ein paar Minuten früher, mal ein paar Minuten später sein, je nachdem, was an diesem Morgen alles ansteht. 

Bei jedem Patienten liegt ein Ordner im Haus. Er enthält wichtige Informationen über die Diagnosen, ärztliche Verordnungen, Medikamentengabe, Leistungsnachweise und andere Berichte. Die Bürokratie ist enorm: Während noch vor ein paar Jahren die Krankenkassen zusätzliche Leistungen einfach bezahlten („Sind notwendig.“), müssen sie heute langwierig beantragt und genehmigt werden.

Die pflegerische Arbeit ist keine Routine, sie erfordert eine Menge Fachwissen. Aus diesem Grund besucht Heidrun Andörfer regelmäßig Weiterbildungen: Dazu gehören Veränderungen bei den gesetzlich vorgeschriebenen Expertenstandards, bei der Wundversorgung oder für die Betreuung von Demenz- und Schlaganfallpatienten. Zusätzlich müssen die Pflegekräfte regelmäßig Risikoeinschätzungen für Sturz, Wundliegen und Inkontinenz sowie für das „gesamte Erscheinungsbild“ abgeben. Auch müssen Ziele formuliert werden, „wobei eine Verbesserung oft kaum möglich ist“, betont die Fachfrau. „Der Zustand soll sich nicht verschlechtern.“

Viele Patienten werden über lange Jahre betreut, „da kann man eine Beziehung aufbauen“, freut sich Heidrun Andörfer. Immer mal wieder kommen zeitlich begrenzte Aufträge hinzu, beispielsweise zur Vorbereitung auf eine Operation oder die Versorgung danach. Auch wenn die Pflege manchmal körperlich anstrengend ist, „erhalten wir viel Dankbarkeit zurück“. Dass in der Pflege oft Zeitnot herrscht, kann die Gemeindeschwester nicht nachvollziehen: „Ich kann mir die Zeit nehmen, die ich benötige.“ So ist ab und zu ein seelsorgerisches Gespräch möglich, das ihr Arbeitgeber, die Diakoniestation Blaufelden, unterstützt. Manchmal entsteht ein sanfter Druck, weil sich die eingespielten Besuchszeiten durch unvorhergesehene Dinge nach hinten verschieben. Dann muss sich die 45-Jährige schon einmal von einem Patienten den Hinweis anhören: „Heute haben Sie aber länger gebraucht.“ Die individuelle Betreuung der Patienten geht für die Gemeindeschwester jedoch vor. th

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