Harte Arbeit und Therapie zugleich
Am Tor des Stalls wird gerüttelt, die Schafe werden unruhig und wissen, gleich geht es los: Hans Präg zieht die schwere Türe beiseite. Die Tiere warten, bis er sie ruft: „Koooomm, Koooomm“ und die Herde setzt sich langsam in Bewegung.
In Baden-Württemberg gab es im November 2017 laut Statistischem Landesamt 213300 Schafe. Das ist ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Der Ellrichshauser Hans Präg hat alleine 400 davon. Er betreibt schon in zweiter Generation die Schäferei als Zucht und ist heute nur noch im Gronachtal unterwegs. „Früher waren wir Wanderschäfer, heute sind wir sesshaft“, erzählt der 75-Jährige. Seit er die Schule mit 14 Jahren verlassen hat, kümmert er sich um die Schafe. Zunächst noch zusammen mit seinem Vater, seit dessen Tod alleine.
Ganz ohne fremde Hilfe könnte er allerdings seine Schafzucht nicht betreiben. In den über 60 Jahren gab es genügend Situationen, bei denen er auf Hilfe angewiesen war. Der bedächtige Mann hat viel zu erzählen: Vom Brand seines neugebauten Stalls und der großen Hilfe, die er danach erfuhr. So konnte er seine Tiere über den Winter im gemeindeeigenen Schafstall in Bronnholzheim unterstellen. Danach gab er nicht auf, sondern baute noch einmal neu und kaufte mehr Lämmer. „Ich habe es ohne Pleite geschafft“, freut er sich noch heute. Immer wenn Not am Mann war, konnte er auf Bekannte zurückgreifen, auch als er nach einem Unfall im Krankenhaus lag. „Es ist schön, wenn man gute Freunde hat“, sinniert er dankbar gerührt. Doch mittlerweile sind viele seiner einstigen Helfer weggestorben.
Mit seinen Hütehunden verbindet Hans Präg sehr viel: Sie verstehen sich ohne große Worte und merken es sofort, wenn es ihm beispielsweise gesundheitlich nicht so gut geht. Seine sonst friedlichen Tiere verteidigten ihn auch, als er einmal auf der Wanderschaft von einem missliebigen Bauern angegriffen wurde.
Bis 1987 war Hans Präg mit seiner Schafherde auf Tour: Zur Winterweide zog er im November über Kirchberg, Döttingen, Neuenstein und Ohrnberg nach Neuenstadt am Kocher. Im April, wenn das Wetter wieder besser wurde, ging er den ganzen Weg zurück. „Doch einmal fing es kurz vor Ellrichshausen stark zu schneien an. Ich habe es mit meiner Herde gerade noch heim geschafft.“ Im Herbst war er im Taubertal unterwegs. In Lauda und oberhalb von Tauberbischofsheim hielt er die Wiesen kurz. Heute könnte er nur vom Verkauf der Lämmer nicht mehr leben, er bekommt als Landschaftspfleger mit Schafen Ausgleichszahlungen. Mit seinen Tieren kümmert er sich um Wiesen, die mit dem Traktor nicht mehr gemäht werden können.
Hans Präg legt auf ein gutes Verhältnis zu den Bauern großen Wert, „wie man in den Wald ’reinruft, so schallt es wieder heraus“, ist seine Grundüberzeugung. Wenn seine Schafe mal etwas kaputtmachen sollten, dann „wird es im beiderseitigen Einverständnis mit dem Besitzer wieder geregelt“. Das gegenseitige Vertrauen mit den Anliegern ist da, und er fördert es auch mit einem Schafessen alle zwei Jahre, im Wechsel mit den Jägern. Seine persönlich schwierigste Phase machte Hans Präg vor fünf Jahren durch, als bei ihm Krebs diagnostiziert wurde. Die Chemotherapie schlauchte ihn sehr, er wollte seine Schäferei hinwerfen. Doch als er während der Genesung zu seinen Tieren kam, sammelte er wieder neuen Mut und viel Kraft, erinnert er sich bewegt an seine „Spezialtherapie“. Beim Schafehüten ging es ihm mit jedem Tag besser. Heute braucht er keine Medikamente mehr, „ab und zu ein Likör reicht“, schmunzelt der Schäfer.
Hans Präg lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, bis das Gespräch auf den Wolf kommt: „Wenn ein Wolf in meine Herde geht, hör ich auf“, sagt er bestimmt. Seine Schafe würden dann panisch, für die Folgeschäden müsse wahrscheinlich er haften. „Wer den Wolf will, der soll auch für die Schäden aufkommen!“ Ansonsten will er jeden Tag mit seinen Tieren auf die Weide ziehen, solange es seine Gesundheit zulässt. th