In einem liebevoll renovierten Fachwerkhaus in Langenburg hält Elke Scheller die Erinnerung an ihre Mutter, die Malerin Gudrun Scheller, aufrecht.
Ein buntes hängt neben einem Schwarz-Weiß-Bild, ein kleines neben einem großen, ein abstraktes neben einem gegenständlichen. In der sogenannten Petersburger Hängung zeigen sich die Werke von Gudrun Scheller in großer Anzahl und verdeutlichen damit das umfangreiche Schaffen der Langenburger Malerin. Das ehemalige Antiquariat ihres Mannes Kurt in der Hinteren Gasse 33 ist somit zu einem Gesamtkunstwerk und Erinnerungsort an die Künstlerin geworden.
Elke Scheller, die Tochter der beiden „Kreativlinge“ (so ihre Einschätzung der Eltern), wollte zusammen mit ihrem Bruder Rolf den Lebenstraum von Gudrun und Kurt Scheller nach ihrem Tod nicht einfach verkaufen. Mithilfe vieler Nachbarn räumte sie nach und nach das Gebäude: In den Regalen lagerten weiterhin jede Menge Bücher des Vaters und die Mutter hatte viele Malutensilien gesammelt. Seit Anfang August hat sie sich von vielen dieser Materialien getrennt und das Haus geleert. „Die Bilder von meiner Mutter konnte ich aber nicht einfach im Keller verschimmeln lassen“, sagt Elke Scheller. Sie überlegte, wie sie den Nachlass pflegen und verwalten könnte.
Beim Bilderhaus Raible in Ellwangen lernte Gudrun Scheller das Bilderrahmen. Damals malte sie bereits. Nach ihrer frühen Heirat und der Geburt der Kinder hatte sie keine Zeit mehr für die Kunst, denn der Haushalt, das Einkaufen und die Kindererziehung hatten Vorrang. Als ihre Tochter und ihr Sohn älter und selbstständiger wurden, entwickelte sie sich im Selbststudium und durch die Teilnahme an Seminaren malerisch weiter. „Meine Mutter war sehr ehrgeizig“, erzählt die Tochter. Darum hat sie sich neben ihrer Tätigkeit bei der Zeitung in Ellwangen und später als Geschäftsführerin des SchwäPo-Shops in Aalen nebenberuflich betriebswirtschaftlich weitergebildet. Der Laden entwickelte sich zu einem Fachgeschäft für Künstlerbedarf. Gudrun Scheller gab dort erste Kurse. „Für sie war Malen wie eine Therapie“, bringt es ihre Tochter auf den Punkt.
Parallel dazu baute sie ihr malerisches Können bei Künstlern wie Alfred Bass, Hannelore Dittrich und Dietmar Günther aus. Zunächst lernte sie sehen (wo ist das Licht, wo ist der Schatten, wie ist die Form eines Gegenstands), dann zeichnen. „Das war ihr Fundament“, beschreibt Elke Scheller diese Lernphase. In privaten Kunstakademien beschäftigte sich ihre Mutter mit der Aquarelltechnik. Mischtechniken, Collagen und Decollagen folgten.
Gudrun und Kurt Scheller reisten viel. Dabei hielt die Malerin Ausblicke oder auch Gedanken in ihren Skizzenbüchern fest. So lesen sich diese Aufzeichnungen heute fast wie Tagebücher. Auch wenn die Sehnsucht nach der italienischen Toskana sie nie losließ, haben die beiden ihre Traumheimat in Langenburg gefunden.
Die Künstlerin wollte ihre Arbeit immer perfekt machen, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen. Deshalb war sie sich lange nicht sicher, ob sie ihren Malschülerinnen und -schülern überhaupt weiterhelfen kann. Sie bereitete die Kurse akribisch vor und genoss die Zeit mit den Teilnehmern. „Sie machte nur auf ausdrücklichen Wunsch Verbesserungsvorschläge oder korrigierte die Bilder“, beschreibt Elke Scheller die Atmosphäre.
Nach einem Schlaganfall nahm ihr Schaffensdrang nach und nach ab. Ein Pflegedienst kümmerte sich um sie und später zog sie in ein Pflegeheim. Im Beisein ihrer beiden Kinder starb sie im Jahr 2023.
Nachdem Elke Scheller ihre Tanzschule in Konstanz Mitte des Jahres verkauft hatte, konnte sie sich um den Nachlass ihrer Mutter kümmern. Sie sichtete die Materialien, die Passepartouts, die vorbereiteten Malhintergründe und die fertigen Werke. Zusammen mit der Langenburger Malerin Helena Zubler suchte sie einen repräsentativen Querschnitt aus dem Schaffen ihrer Mutter aus und präsentierte ihn erstmals während der Gartentage in Form einer Retrospektive. „Das Konzept meiner Eltern ging auf“, überlegt sie. th