Fast zwei Jahre saß der Zirkus Quaiser in Laßbach in seinem Winterquartier fest. Jetzt finden die ersten Vorstellungen der Familie in Gerabronn statt.
„Eine Woche bevor es wieder losging, konnte ich vor Aufregung kaum mehr schlafen“, berichtet Manolito Quaiser. Er ist als Junior-Zirkusdirektor für die Reisevorbereitung und für die Vorstellungen verantwortlich. Auch seine Frau Nikita Quaiser war ganz nervös, sie war sich unsicher, wie der Zirkus in Gerabronn aufgenommen wird. Ende Juli ging es dann schnell: Alle 24 Personen der Großfamilie packten mit an, damit der Umzug von Laßbach nach Gerabronn klappte. Drei Tage wurde aufgebaut, bevor das intensive Training wieder losging. „In den letzten Monaten konnten wir uns selbst nur notdürftig fit halten, denn wir hatten in Laßbach kein Zelt zur Verfügung, in dem wir richtig trainieren konnten“, erzählt die 26-Jährige. So waren die ersten Übungen auch schwierig, „wir hingen wie nasse Säcke am Hochseil“. Die Akteure brachten sich aber schnell wieder in Form, denn „wir haben ja eine hohe Erwartung an uns“.
„Vor der ersten Vorstellung hatte ich richtiges Lampenfieber“, wundert sich Manolito Quaiser, der schon als Kind in der Manege auftrat. Doch die ganze Aufregung war umsonst: Das Gerabronner Publikum begrüßte die Zirkusleute mit viel Applaus. „Es ist, wie wenn man tief taucht und dann endlich wieder Luft holen kann.“ Seine Frau bestätigt die Erleichterung: „Genau dieses tolle Gefühl hat uns allen fast zwei Jahre gefehlt.“ Auch die Tiere spürten, dass sie ihr Können wieder vor Publikum zeigen durften und machten vor Freude ein paar Extrasprünge. Am Ende der Vorstellung saß kein Besucher mehr auf seinem Platz, alle standen und klatschten. „Wir haben in Gerabronn ein super Publikum.“
Die Zirkusfamilie darf nun endlich wieder auf Reisen gehen und Vorstellungen geben. Besucher müssen ihre Kontaktdaten am Eingang hinterlassen, Abstände einhalten und bis zu ihrem Platz Masken tragen. „Dieses Hygienekonzept befolgen wir streng“, betont Nikita Quaiser. Familien sitzen zusammen, zur nächsten Gruppe gibt es einen Zwischenraum. „Leider fällt die Clownerie weg, da bei diesen Nummern kein Abstand zum Publikum eingehalten werden kann.“
Mit der Zahl der Besucher ist die Familie zufrieden. „Man spürt, wie den Menschen die Kultur gefehlt hat, wie sie in den letzten Monaten eingesperrt waren“, erklärt sie. Neben Dressurnummern mit Pferden, Lamas, indischen Tauben, Kamelen, Dromedaren und einem Esel präsentiert die Familie auch viele akrobatische Elemente: eine Feuershow, Roller Roller, Handstände bis unter die Zirkuskuppel, eine atemberaubende Salto-Nummer, den menschlichen Möbelwagen, Aeriel Hopp, Darbietung an Strapaten (Bändern), eine spannende Messershow mit Cowboys und Indianer sowie vieles andere mehr. „Die Menschen waren begeistert und sind mit einem Lächeln aus der Vorstellung gekommen.“
Während der Lockdownzeit fühlte sich die Familie in Laßbach gut aufgehoben und wurde umfassend unterstützt: Viele Menschen sorgten dafür, dass immer genug Fressen für alle Tiere da war. Quaisers mussten keines verkaufen, wie andere Zirkus-Betriebe, und kamen einigermaßen über die Zeit. „Trotzdem war es für mich die schlimmste Zeit in meinem Leben, denn wir durften nicht reisen“, blickt Manolito Quaiser zurück. Der 30-jährige Chef-Dompteur nutzte die Monate, um mit zwei Löwen zu arbeiten und stellt in Gerabronn seine Dressurnummer das erste Mal dem Publikum vor. „Die Tiere haben prima mitgemacht.“ Auch der Rest der Familie tat sich mit der Situation schwer. „Die Unsicherheit ging auf die Psyche. Wir haben in dieser Zeit unseren Beruf noch mehr schätzen gelernt als früher.“
Wenn die Familie Gerabronn verlässt, will sie zunächst weiter im Hohenloher Land bleiben und nach Öhringen reisen. „Die genaue Planung ist aber schwierig, weil nicht vorhersehbar ist, wie sich die Corona-Pandemie im Herbst weiterentwickelt“, skizziert Nikita Quaiser die Überlegungen. th