In den letzten Wochen ist im Gerabronner Teilort Oberweiler eine Krippe entstanden. Die Bewohner haben sie miteinander gebaut und mitten im Ort aufgestellt.
Im Herbst, wenn die Tage kürzer werden, ist in Oberweiler bei Gerabronn ein ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl spürbar. Der gemeinsame Bau der Weihnachtskrippe stellt dabei mehr dar als ein rein handwerkliches Vorhaben. Er ist Ausdruck des nachbarschaftlichen Miteinanders. Während der Arbeit mit Holz, Stroh und Figuren entsteht nicht nur die Krippe selbst, sondern auch ein Raum für Austausch und Begegnung, der das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Nachbarschaft stärkt.
Zu Beginn der Adventszeit wurde der neu gestaltete Dorfplatz eingeweiht. Der Ort soll zu einem Treffpunkt der Bewohnerinnen und Bewohner und mit Leben gefüllt werden. Deshalb wollten sie eine weitere Attraktion schaffen: Eine selbst gestaltete Krippe. „Schon für letztes Jahr hatten wir eine geplant“, lacht Silvia Grözinger, eine der Macherinnen. „Doch irgendwie kam Weihnachten so überraschend und ganz schnell.“ In diesem Jahr, mit dem neuen Dorfplatz, wurde das Projekt dann Mitte des Jahres konkreter.
Nachdem bereits einige Ideen von Friedrich Ehrmann, Ingrid Thier und Silvia Grözinger entwickelt worden waren, gab eine Veröffentlichung in einer Zeitschrift den letzten Impuls. „Während die Figuren in dem Magazin fingergroß waren, mussten sie bei uns deutlich größer werden“, erzählt Silvia Grözinger. Seit vielen Jahren treffen sich die Bewohner von Oberweiler jeden Donnerstag im ehemaligen Waaghäusle. Friedrich Ehrmann macht die Bedeutung des Orts bewusst: „Ende der 1990er Jahre haben wir das Waaghäusle und die Garage für unsere Feuerwehrspritze gemeinsam umgebaut. Das Material hat uns damals die Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt.“ Nun wird dort gemeinsam geschwätzt, miteinander gekartelt und zusammen getrunken. Vor Fasching wird der Wagen für den Umzug im Team gebaut und Ende April der Maibaum kollektiv gestellt – in dem kleinen Dorf geht vieles Hand in Hand. Jeder bringt sich nach seinen Fähigkeiten ein.
„Wir hatten nur das Bild aus der Zeitschrift, genaue Pläne für die Krippe hatten wir nicht“, beschreibt Friedrich Ehrmann die Vorgehensweise. „Wenn man am Schaffen ist, dann entwickelt sich das Projekt mit der Zeit von selbst.“ Silvia Grözinger verrät: „Der Stamm des Maibaums lag noch hinter dem Häusle, der ergab den Körper der Schafe. Dazu noch ein bisschen echtes Schaffell, und fertig waren sie.“ Ähnlich sind die anderen Figuren aus Birken- und Fichtenholz entstanden. „Dazu haben wir das Material genommen, das wir noch irgendwo gefunden haben“, ergänzt Friedrich Ehrmann. „Das war richtiges Upcycling.“
Der ehemalige Heizungsbauer hat im Ruhestand das Drechseln für sich entdeckt. So war klar, dass er die Köpfe der Hirten, der Könige sowie von Maria und Josef anfertigen würde. Auch die Engel und das Jesuskind entstanden auf der Drechselbank. Da es keinen Zeitdruck gab, überlegten die zehn bis zwölf Oberweiler gemeinsam, wie die Krippe gestaltet werden sollte, und alle brachten sich ein. Für die Haare verwendeten sie Sisal in allen Farben, die Kleider entstanden aus Stoffresten. „An einem Abend hatten wir fast die ganze Krippe zusammen“, erinnert sich Ingrid Thier. „Nach vier Wochen haben wir die ersten Stellproben gemacht“, berichtet Silvia Grözinger. „Wir können stolz darauf sein, dass wir das gemeinsam hinbekommen haben.“
Ein dicker Hirte sitzt entspannt neben einem Ochsen und wartet ab, was passiert. Zwei Engel verkünden derweil oben auf den Strohballen die frohe Botschaft von Jesu Geburt. Das Kind liegt in einer klassischen Futterkrippe, Josef und Maria stehen stolz dahinter, der Esel wacht daneben und spitzt die Ohren. Von rechts kommen die drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar mit ihrem zierlichen Kamel. Die rund einen Meter großen Figuren sind bewusst ohne Gesichter gestaltet. So strahlen sie allein durch ihre Haltung Ruhe und Gelassenheit aus. Der Betrachter kann seine eigenen Emotionen und Interpretationen in die Szene projizieren.
Bei dieser Gemeinschaftsaktion wird spürbar, was Zusammenhalt auf dem Dorf bedeutet: füreinander da zu sein, Traditionen weiterzugeben und die Vorfreude auf Weihnachten miteinander zu teilen. Der Krippenbau in Oberweiler verbindet die Bewohner, stärkt das Miteinander und lässt die Adventszeit zu einer Zeit werden, in der nicht nur ein Ort, sondern auch die Augen der Menschen erstrahlen. th


