Die Burgschauspiele Leofels entwickeln um die Pariser Kathedrale Notre-Dame ein Drama mit den Zutaten Liebe, Eifersucht und Intrigen. Das Publikum ist begeistert.
Eine riesige Glocke dominiert die stilisierten Türme der Kathedrale Notre-Dame: Kein Wunder, der Glöckner, der sie läutet, spielt eine wichtige Rolle in dem Drama nach dem historischen Roman von Victor Hugo. Die Burgschauspiele Leofels brachten das Werk „Der Glöckner von Notre-Dame“ in der Fassung von Felix Mitterer zusammen mit Regisseur Jan Käfer auf den staubigen Boden der Burgruine Leofels.
Das Dreikönigsfest in Paris im Jahre 1482: Der Gaunerstaat Rotwelschland mit seinem illustren Herrscher Clopin Trouillefou (wunderbar dekadent gespielt von Kurt Frank in seinem mit Rädern versehenen Liegestuhl) will einen Narrenkönig wählen. Nachdem keiner der Kandidaten die Bettlerschar überzeugen konnte, wird der taube und missgestaltete Glöckner Quasimodo (der durch eine raffinierte Maske und einen Buckel fast bis zur Unkenntlichkeit geschminkte Tassilo Frank) zum König gekürt. Der mittel- und erfolglose Dichter Pierre Gringoire (Micha Laukemann) will sich der Gang anschließen und wird als Außenstehender zunächst einmal zum Tode verurteilt – es sei denn, eine Frau erbarmt sich und heiratet den Delinquenten. Die schöne Tänzerin Esmeralda (sehr temperamentvoll interpretiert von Tabea Lechner) erlöst den Dichter.

Tassilo Frank wurde von den Maskenbildnerinnen fast bis zur Unkenntlichkeit in den verwachsenen Glöckner Quasimodo verwandelt.
Bei dieser Gelegenheit begegnen sich Quasimodo und Esmeralda das erste Mal. Aber auch der Probst Dom Frollo (Walter Kraft arbeitet sein zwiespältiges Wesen gut heraus) hat ein Auge auf die Schönheit geworfen. So veranlasst er sein Ziehkind Quasimodo dazu, die junge Frau zu entführen. Die dem Wahnsinn nahe Klausnerin (Rosemarie Frank gibt sie verbittert und streitsüchtig) beobachtet das Geschehen von ihrer Zelle aus. Sie hat sich von der Welt zurückgezogen, weil vor vielen Jahren ihre geliebte, kleine Tochter von den Rotwelchen entführt wurde.
Es kommt, wie es kommen musste: Quasimodo wird für die versuchte Entführung gefoltert und an den Pranger gestellt. Esmeralda hat mit ihm Erbarmen und gibt dem geschundenen Glöckner Wasser. Auch er verliebt sich in sie, weiß aber gleichzeitig, dass er viel zu hässlich für sie ist. Die Tänzerin wirft sich dagegen ihrem Retter, dem Hauptmann Phoebus (Tom Frank) in seiner schmucken Uniform, in die Arme. Ihr ist klar, dass sie als Ziehkind der Rotwelschen keine adäquate Ehefrau für einen Soldaten des Königs sein kann. Dom Frollo, dem diese Beziehung gar nicht passt, ermöglicht ein Stelldichein der beiden, bei dem er seinen Nebenbuhler am Ende des ersten Teils niedersticht.
Nach der Pause läutet Quasimodo zu den ersten Takten des Hardrocksongs „Hells Bells“ die Glocke und zeigt dem Publikum damit, dass die Geschichte böse enden wird: Esmeralda wird wegen des vermeintlichen Mordes festgenommen, gefoltert und zum Tode verurteilt. Dom Frollo will die Gelegenheit nutzen und sie in der Kirche in seine Obhut bringen. Quasimodo beschützt sie vor der Hinrichtung und dem teuflischen Geistlichen. Er versteckt sie im Glockenturm. Dort kommen sich die beiden näher. Der Auslöser des Dramas, Hauptmann Phoebus, erfreut sich indes wieder bester Gesundheit und hat keinerlei Interesse mehr an seiner ehemaligen Geliebten. Der Dichter Pierre Gringoire wiederrum hat seine Hoffnung noch nicht aufgebeben, mit Esmeralda ein neues Leben zu beginnen. Wie die Geschichte ausgeht, sei hier nicht verraten. Nur so viel: Wer die literarische Vorlage von Victor Hugo kennt, wird vom Ende des Stücks überrascht sein.
Die Amateurtruppe der Burgschauspiele Leofels hat wieder mit hohem personellen Aufwand – über 60 Personen waren im Vorfeld auf und hinter der Bühne und parallel dazu aktiv – ein packendes Theaterstück in die Ruine nach Leofels gebracht. Da sich die Blütezeit der alten Burg im 15. Jahrhundert mit dem Zeitraum deckt, in dem das Stück spielt, konnte keine bessere Kulisse für den „Glöckner“ gefunden werden. Das Bühnenbild, das stilisierte Westportal von Notre-Dame de Paris, bringt die Zuschauerinnen und Zuschauer auf der neuen Tribüne direkt in die Handlung. Tassilo Frank, der dieses Mal eine eher kleine Sprechrolle hat, aber deswegen trotzdem die bedeutendste Figur spielt, turnt an den Türmen hoch und runter.
Das Publikum bedenkt das gesamte Ensemble nicht nur am Ende mit tosendem Applaus, sondern klatscht auch immer wieder bei Schlüsselszenen. Das tut den Ehrenamtlichen gut, denn sie bereiten sich seit Anfang 2020 auf das Stück vor. Damals konnten sie wegen der gerade aufziehenden Pandemie nur einmal gemeinsam proben, 2021 gar nicht. So haben sie sich heuer mit viel Elan und Engagement in die Vorbereitungen gestürzt. Es herrschte vor der Premiere am Freitagabend bei allen Beteiligten nicht nur aufgrund dessen eine gespannte Stimmung, sondern auch eine Vorfreude, dass endlich wieder gespielt werden durfte. Das trockene und warme Wetter trug ebenfalls seinen Teil dazu bei, sodass das Team keine Befürchtungen wegen Regens haben musste.
Regisseur Jan Käfer war froh, dass die Mitglieder der Burgschauspiele während der für Theaterleute schwierigen Zeit immer zu ihm gehalten haben und das Stück mit ihm unbedingt zur Aufführung bringen wollten. Nach der letzten Probenwoche waren die Darsteller zur Premiere, nach seiner Meinung, voll in ihren Rollen und brachten im Vergleich zur Generalprobe „die fehlenden zehn Prozent“. Sein Fazit: „Die lange Wartezeit seit 2020 hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ th
Billd: In ihrem Versteck auf dem Turm kommen sich Quasimodo und Esmeralda näher.
