Seit mehr als 30 Jahren nutzt Werner Schweinzer die Kraft der Sonne. Damit erwärmt der Pionier sein Wasser und erzeugt Strom, den er von Beginn an selbst nutzt.
„Für mich war das Atomunglück von Tschernobyl im Jahre 1986 ein eindringliches Erlebnis“, erklärt Werner Schweinzer seinen Weg hin zum Energiepionier. Davor gehörten Kernkraftwerke für ihn einfach zum Energiemix mit dazu. Dass aber eine Katastrophe in fast 1900 Kilometern Entfernung direkte Auswirkungen auf sein Leben in Schwäbisch Hall hatte, war eine neue Erfahrung: Durch den radioaktiven Fallout durften Kinder nicht im Freien spielen und der Salat aus dem eigenen Garten nicht gegessen werden. Für den Diplomingenieur war es ein „Schock“, dass eine sicher geglaubte Technologie sich als so gefährlich herausstellte.
Daraufhin machte er sich auf die Suche nach Alternativen: Wie könnte er die benötigte Energie erzeugen, ohne die Umwelt zu belasten? In diesem Zusammenhang lernte er Gottfried Gronbach kennen. Dessen Firma Novatech beschäftigte sich damals bereits mit dem Thema erneuerbare Energien. Werner Schweinzer ließ sich 1988 eine erste Solarthermieanlage auf sein Reihenhausdach bauen. „So haben wir dank der Sonne von März bis Oktober warmes Wasser“, erzählt er begeistert. „Das war für mich ein echtes Erfolgserlebnis, als ich damals das erste Mal warm duschte, ohne fossile Energien oder Atomkraft zu nutzen.“ Das zeigte ihm deutlich, wie stark die Sonne scheint.
Als im Jahr 1990 das 1000-Dächer-Programm der Bundesregierung für die Förderung von Fotovoltaikanlagen aufgelegt wurde, griff er zu: Er bewarb sich für die damals noch neue Technik. „Als Diplomingenieur für Nachrichtentechnik kannte ich Solarzellen bei Satelliten, nicht aber für die Stromerzeugung auf der Erde.“ Durch die staatliche Unterstützung von 70 Prozent der Investitionskosten konnte er sich eine 1,8 Kilowatt/Peak-Anlage für 38.000 Mark (rund 19.500 Euro) leisten. „Das war für eine siebenköpfige Familie mit einem Alleinverdiener viel Geld.“ Im November 1992 ging die Anlage mit 33 Modulen à 55 Watt auf 16 Quadratmetern in Betrieb – die erste im Landkreis Schwäbisch Hall, und sie erzeugt nach wie vor Strom. Der heute 70-Jährige kann sich also mit Fug und Recht als Solarpionier bezeichnen.
„Für mich war das als Ingenieur natürlich sehr interessant“, erzählt er noch immer fasziniert von der Technik. Tag für Tag hat er die Erträge aufgeschrieben. Später hielt er mit den Erfahrungen und handgezeichneten Grafiken Vorträge für Volkshochschulen, Kolleginnen und Kollegen oder für Schulen. Bei den ersten Veranstaltungen seien in einem Raum, der eigentlich für 60 Personen vorgesehen war, über 100 Besucherinnen und Besucher gewesen, „so groß war das Interesse“. Viele stiegen daraufhin ebenfalls in die Nutzung der Fotovoltaik ein.
In dieser Zeit ist Werner Schweinzer auch in den Kontakt mit der Energieinitiative Kirchberg gekommen, dessen stellvertretender Vorsitzender er 25 Jahre lang war. Mitte Oktober gab er den Posten in jüngere Hände und wurde zum Ehrenmitglied ernannt: Der 46-jährige Marcus Maier aus Ilshofen übernahm – seit 20 Jahren ein überzeugter E-Mobilist.
Die Familie Schweinzer konnte in den Anfangsjahren rund 70 Prozent des Strombedarfs mit der selbst erzeugten Energie decken, „das war schon recht ordentlich“. Neben dem Strom nutzt sie Erdgas fürs Kochen und Heizen. Zu Beginn der Fotovoltaiknutzung gab es noch keine feste Einspeisevergütung, mit der sich die Investition refinanzieren ließ. Erst 1995/96 wurde sie auf zwei Mark (gut einen Euro) pro Kilowattstunde angehoben. „Dann haben wir unseren selbst erzeugten Strom natürlich voll in das örtliche Netz eingespeist.“
Durch seine „Sucht nach Zahlen“ (Schweinzer über sich selbst), besitzt er eine breite Datenbasis, mit der er die Leistungsfähigkeit seiner Solarmodule über 360 Monate beurteilen kann. Den befürchteten Leistungsverlust (die sogenannte Degradation) konnte er nicht nachweisen, „der Ertrag der Module stieg im Gegensatz dazu stetig an“. Der Diplomingenieur führt das auf den Klimawandel und die wärmer werdenden Sommer zurück.
Seine Begeisterung für die Technik hat in den 30 Jahren weiter zugenommen, „ich habe viele positive Erfahrungen gemacht“. Als seine Anlage aus der Förderung herausgefallen ist, hat er wieder auf Eigenverbrauch umgestellt und weitere Solarzellen (sogenannte „Balkonmodule“) dazugekauft. In diesem Jahr ist er in die E-Mobilität eingestiegen und kann seinen Ertrag mit einem Smartmeter noch genauer ermitteln. Das Auto wird vor allem zwischen zehn und 14 Uhr geladen, wenn die Sonne am stärksten scheint. „Ich habe mich im Sommer gefreut, wenn ich im E-Auto emissionsfrei an den Tankstellen mit den hohen Benzinpreisen vorbeigefahren bin.“ Der Solarpionier kann sich mit einem Eigenstromspeicher noch nicht so recht anfreunden, „die haben nur einen Wirkungsgrad von mehr oder weniger 75 Prozent“, das sei noch zu wenig.
Derzeit arbeitet er an seiner persönlichen Energiewende, er will vollkommen unabhängig von fossilen Energieträgern sein: Er testet eine Infrarotheizung und will seinen Gasofen auf Holzbefeuerung umbauen lassen. „80 Prozent habe ich schon geschafft, in den nächsten zwei Jahren kommen die restlichen 20 Prozent dazu“, lautet das Ziel von Werner Schweinzer. th
Bild: Mit Solarthermie (Module oben auf dem Dach) fing es an, kleine Fotovoltaikmodule folgten: Werner Schweinzer erzeugt seit über 30 Jahren seinen Strom selbst – er war der erste Nutzer im Landkreis. Erst später kamen die großen Balkonmodule an der Hauswand dazu.