Mit dem Dünsbacher Martin Wopper geht es rund um den Turm von Schloss Morstein. Auf der Strecke gibt es überraschende Entdeckungen und Ausblicke.
Das Schloss Morstein liegt auf einem Bergsporn hoch über dem Jagsttal. Mit seinem markanten, viereckigen Turm ist es weithin sichtbar. Was läge da nicht näher, dachte sich Martin Wopper, als die verschiedenen Blickwinkel abzuwandern. Gemeinsam geht es am Sportplatz in Dünsbach los. Da wir nicht immer auf ausgewiesenen Wegen und auch einmal „querwaldein“ laufen werden, sind festes Schuhwerk, lange Hosen (wegen der vielen Brennnesseln) und Trittsicherheit ganz wichtig. Außerdem empfiehlt es sich, etwas zu Trinken und eine kleine Zwischenmahlzeit einzupacken – die Strecke ist gerade im warmen Frühherbst teilweise schweißtreibend.
Martin Wopper ist seit April 2020 im Ruhestand und hatte für die ersten Monate eine Weltreise mit seinem Motorrad geplant – sie fiel aber wegen der Corona-Pandemie ins Wasser. Nachdem seine Partnerin noch berufstätig ist, suchte er ein Hobby, das ihn ausfüllt. „Da habe ich Wandern für mich entdeckt.“ So zieht er morgens los und erkundet die nähere und weitere Umgebung per Pedes. „Alleine dieses Jahr habe ich schon rund 3600 Kilometer zurückgelegt.“ Da muss sich der Schreiberling, der eher das tägliche Sitzen gewohnt ist, auf etwas gefasst machen, dachte ich mir im Voraus.
Wir lassen das Wohngebiet Richtung Dünsbacher Hauptstraße hinter uns, gehen über den Klingenweg und die Reiherhalde ganz grob Richtung Nesselbach. Zwei Ziegen beobachten uns dabei neugierig. Rechts zwischen den Bäumen blitzt der mittelalterliche Bergfried von Schloss Morstein durch. Die Anlage wurde im 13. Jahrhundert von den Herren von Morstein errichtet. Die stauferische Burg ging schon wenig später an die Herren von Crailsheim, denen das Schloss zwischenzeitlich über 700 Jahre lang gehört. Im 16. Jahrhundert wurde das alte Gemäuer ein Raub der Flammen. Die Burg wurde als Schloss im Renaissancestil mit einem mächtigen Staffelgiebel neu aufgebaut. Der Turm blieb aber erhalten und prägt das Ensemble bis heute.
Unser Weg schlängelt sich immer am Waldrand entlang, „ich versuche befahrene Straßen so weit wie möglich zu meiden“, erklärt Martin Wopper. Plötzlich entdecken wir einen See. „Das war auch für mich neu, dass es hier einen Weiher gibt.“ Der agile Rentner wohnt seit acht Jahren in Dünsbach. Geboren wurde er in Backnang, als er fünf Jahre alt war, zog er mit seinen Eltern nach Raboldshausen. Dort wohnte er bis zu seinem 22. Lebensjahr, „das war für mich eine prägende Zeit“. Nachdem er bei einem Baumaschinenhersteller in der Region gelernt und einige Zeit gearbeitet hatte, zog es ihn fort aus Hohenlohe.
Den See lassen wir rechts liegen und gehen auf einem Weg Richtung Kleinforst, ohne aber ins Tal abzusteigen, wir wollen noch etwas auf der Höhe bleiben – der Blick auf den Turm begleitet uns nach wie vor. Im Wald verlassen wir den Weg und gehen quer durch das Gehölz wieder Richtung Straße nach Nesselbach. Auf dem Weg kommen wir an einem Monument aus Holz vorbei: Hier wurde 2007 eine mächtige Doppeleiche gefällt und dem Raalmännle ein Denkmal gesetzt, es thront als Holzskulptur auf dem Baumstumpf. Das kleine Männlein mit Lederwams, einem breiten Gürtel mit mächtiger Schnalle, Stulpenstiefeln und Schlapphut soll in den Wäldern am Schlosshang spuken. Uns ist es an diesem Tag leider nicht begegnet.
Um ins Tal nach Kleinhürden zu kommen, laufen wir eine der vielen Klingen entlang, die die Talhänge in Hohenlohe durchziehen. Noch heute sieht jeder Wanderer die Nachwirkungen des Unwetters von vor fünf Jahren: Das Bachbett ist bis auf den Felsen ausgewaschen und mehrere Meter tief. Plötzlich öffnet sich der Wald, und wir haben einen herrlichen Blick auf Langenburg. Hier wird deutlich, woher der Name stammt. In Kleinhürden widerstehen wir dem lockenden Angebot eines Freiluft-Flohmarkts und gehen über die Brücke nach Hürden. Im Ort halten wir uns zunächst rechts und wandern dann links auf halber Talhöhe Richtung Großforst.
Martin Wopper ist in seinem Berufsleben herumgekommen: Er war unter anderem bei einem Unternehmen, das Systeme für bargeldloses Bezahlen entwickelte. Später arbeitete er als Geschäftsführer einer Qualifizierungsgesellschaft für Spätaussiedler und zuletzt war er Werkstattleiter bei den Weckelweiler Gemeinschaften, „ich habe verschiedene Jobs gemacht. Jeder war auf seine Art und Weise fordernd.“ In Großforst wenden wir uns nach links und folgen dem steilen Anstieg Richtung Binselberg. „Noch vor einem Jahr“, erklärt der Vielwanderer, „musste ich auf diesem Weg ein paarmal Pause machen, weil ich es sonst nicht nach oben schaffte“. Heute läuft er mehrmals die Woche die Strecke ohne Unterbrechung, um unter anderem in Gerabronn seine Mutter im Pflegeheim zu besuchen. Auf der Höhe angekommen, geht es rechts den Waldrand Richtung Brettachhöhe und von dort aus auf der Straße wieder nach Elpershofen – den Turm von Morstein haben wir schon länger nicht mehr gesehen.
Um wieder nach Dünsbach zu kommen, gibt es mehrere Möglichkeiten: direkt nach der Jagstbrücke ist links ein Weg, der die Wanderer in einem großen Bogen nach oben führt. Wir wählen die andere Variante und biegen nach rechts ab: Auf dem linken Ufer der Jagst wandern wir nach Kleinforst – zunächst vorbei am Pegelhäuschen durch den Wald, und dann über die Wiesen immer am Fluss entlang. Jetzt ist wieder der Bergfried zu sehen. In Kleinforst erklimmen wir den Talhang entlang des Dünsbachs und nähern uns von unten dem Schloss. Plötzlich taucht die mächtige Schildmauer zwischen den Bäumen auf. Da das Schloss im Privatbesitz ist, können es Besucher leider nicht besichtigen.
Wir halten uns am Morsteiner Buswartehäuschen links und wandern hinter den Häusern Richtung Dünsbacher Sportplatz. Auf den knapp 15 Kilometern sind wir nur die letzten paar Meter doppelt gelaufen. Die gut dreieinhalb-stündige Wanderung „Rund um den Morsteiner Turm“ war dank den vielen unterschiedlichen Eindrücke recht kurzweilig und bis auf die beiden Anstiege auch für den Schreiberling nicht allzu schweißtreibend. Außerdem haben sich Wanderer schließlich immer etwas zu erzählen. th
Nachtrag:
Martin Wopper hat 2021 insgesamt 5000 Kilometer zurückgelegt – pro Tag sind das rund 14 Kilometer.