In Gerabronn hat nicht nur die Stadt das Fairtrade-Siegel. Auch das Gymnasium ist seit Jahren von dem Konzept überzeugt.
„Unsere Aufgabe ist es, neue Akteure zu begeistern und zum Mitmachen zu bewegen“, fasst Annette Wolf, Sprecherin der Gerabronner Fairtrade-Steuerungsgruppe, das Selbstverständnis zusammen. Seit Kurzem ist die Stadt offizielle „Fairtrade-Town“ – die 773. in Deutschland und die 145. in Baden-Württemberg.
In Gerabronn stieß die Idee auf offene Türen, berichtet die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung: Viele Vereine und Kirchengemeinden nutzen schon seit Langen fair hergestellte und gehandelte Waren. Durch das Engagement der Initiative achten weitere Teilnehmer auf Produkte mit dem bekannten Siegel. Auch Einzelhändler und Gastronomen stellen ihren Einkauf um. „Wichtig ist es, das Siegel zu zeigen, denn so erreichen wir einen Bewusstseinswandel und machen das Thema für die Menschen begreifbarer“, ist Gerabronns Bürgermeister Christian Mauch überzeugt.
Bei der Stadtverwaltung gibt es nicht nur fair gehandelten Kaffee, Zucker und Kekse, bei besonderen Gelegenheiten greifen die Verantwortlichen der Verwaltung auch auf Fairtrade-Blumen zurück: So wurden beispielsweise am Frauentag im März Rosen aus fairer Produktion verteilt.
Dass die Produkte etwas teurer sind, als „normale“ liegt an der verantwortlichen Erzeugung: Die Arbeiterinnen und Arbeiter meist aus den am wenigsten entwickelten Ländern bekommen einen fairen Lohn für ihre Tätigkeit, und auch die Zwischenhändler werden adäquat bezahlt. Das betonte auch der Fairtrade-Ehrenbotschafter Manfred Holz bei der Verleihung des Siegels in Gerabronn: „Mit dem Kauf von Fairtrade-Produkten geben die Konsumenten nämlich keine Spende und kein Almosen, sondern leisten einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen und bekämpfen somit aktiv eine der Fluchtursachen.“
Da das Gerabronner Gymnasium seit 2016 Fairtrade-School ist – übrigens die 50. in Baden-Württemberg – ergeben sich in der Zusammenarbeit mit der Stadt „super Synergieeffekte“, wie es Bürgermeister Mauch formuliert. „Die beiden Hauptakteure ergänzen sich prima.“
Vor fünf Jahren hat sich das Gymnasium Gerabronn auf den Weg gemacht: 16 Schüler, zwei Lehrer und zwei Eltern erstellten damals einen Fairtrade-Kompass, mit dem kontinuierlich faire Produkte und Aktionen im Schulleben verankert und so ein Bewusstsein für den weltweiten Handel und seine Auswirkungen bei den Schülerinnen und Schülern geschaffen wurde. „Vieles hatten wir schon umgesetzt, bevor wir den Titel bekamen“, erklärt Lehrerin Bettina Rüther-Jakob. In der Zwischenzeit wurde die Schule mehrmals rezertifiziert.
Das Thema wird vor allem in den 7. Klassen im Unterricht behandelt – darum setzt sich der Aktionskreis vor allem aus Kindern dieser Altersgruppe zusammen. Welche Fairtrade-Produkte es derzeit schon zu kaufen gibt, erfahren sie bei einem Besuch des „FairKauf-Lädchens“ von Gabi Bystricky in Langenburg-Bächlingen.
Mit diesem Wissen denken sich die Schülerinnen und Schüler neue Projekte aus und setzen sie um. Dazu gehören der Verkauf von Punsch in der Vorweihnachtszeit, die Kleidertauschbörse und die Schulpullis. „Auch die traditionelle Rosenaktion am Valentinstag und die Nikolausaktion wurde auf faire Produkte umgestellt“, fügt Schulleiter Jochen Uhrhan an.
Als nächste größere Aktion ist für den Sommer 2022 eine Modenschau mit „fairen und gebrauchten Klamotten“ geplant, wie es eine Schülerin ausdrückt. Eine andere ergänzt: „Wir engagieren uns für ein Thema, das uns am Herzen liegt.“ Diese Einstellung begrüßt Bettina Rüther-Jakob, „sie macht die Welt ein kleines bisschen besser“. th
Foto: Schulleiter Jochen Uhrhan (links) mit einem Teil der Schülerinnen und Schülern, die sich für die Fairtrade-School engagieren.
Drei Oberstufen-Schülerinnen des Gymnasiums Gerabronn haben einen Fair-o-mat angeschafft: Aus dem Automaten können sich ihre Kolleginnen und Kollegen fair gehandelte Snacks, Süßigkeiten und Schokolade ziehen. Dafür haben die Drei eine Schülerfirma gegründet, bei der sie sich die Aufgaben für Marketing, Buchhaltung sowie Ein- und Verkauf teilen (Bild oben).
Annette Wolf und Bürgermeister Christian Mauch freuen sich über die Verleihung des Fairtrade-Siegels (Bild unten)