Ebbes aus Hohenlohe

Glücksfall für ein traditionelles Ensemble

Der gemischte Chor des Liederkranzes Gerabronn hat eine neue Leiterin. Damit erhoffen sich die Sängerinnen und Sänger einen Mitglieder-Schub. 

Die Corona-Pandemie war für viele Chöre in Hohenlohe eine schwierige Zeit: Die Sängerinnen und Sänger konnten sich nicht mehr zu ihren Singstunden treffen und an öffentliche Auftritte war gar nicht zu denken. In den letzten zwei Jahren haben viele Liederkränze und Gesangvereine einige Mitglieder aus Altersgründen verloren – die Zahl der Aktiven sank, und das Durchschnittsalter stieg. Ähnlich ging es dem Liederkranz Gerabronn: Als einer der wenigen Vereine in der Region habe der Zusammenschluss zwei Ensembles, erklärt der Vorsitzende Jörg Engelbrecht: einen klassischen Männer- und einen gemischten Chor. Die aktiven Männer dürfen in beiden Gruppen mitsingen – sechs Männer (drei Bässe und drei Tenöre) unterstützen die 16 Frauen.

Während Jörg Engelbrecht sich mit 60 zum Chorleiter ausbilden ließ und seit sechs Jahren den Männerchor dirigiert, hatte der gemischte Chor immer wieder wechselnde Dirigentinnen. Seit September kümmert sich die 32-jährige Chorleiterin Konstantina Alexiou um den Singkreis.

Die junge Frau zog mit ihrer Familie im Mai nach Gerabronn und informierte sich auf dem Rathaus über Möglichkeiten, ihren Beruf weiter ausüben zu können: Ein Glücksfall für den Liederkranz, die Griechin ist studierte Chorleiterin. Seit vier Jahren ist sie in Deutschland, wohnte früher in Ilshofen. Sie betreute einen Erwachsenenchor in Vellberg-Talheim und einen Kinderchor in Oberaspach. Während des Corona-Lockdowns konnte auch sie nicht mehr wie gewohnt arbeiten und konzentrierte sich auf Stimmbildungskurse für Kinder, die sie auch online abhalten konnte.

Seit Konstantina Alexiou 13 Jahre alt ist, singt sie in verschiedenen Bands. Im Gegensatz zu einer klassisch ausgebildeten Sängerin ist ihre Musikrichtung eher Metal. Der Musikstil zeichnet sich durch eine gitarren- und schlagzeugzentrierte Klangfarbe aus, orientiert sich allerdings oft an der klassischen Kompositionen. Alexiou studierte in Sofia Musikpädagogik und Chorleitung, lerne neben Gesang („mein Hauptinstrument“) klassische Gitarre und Klavier. 2017 hat sie bei einem Konzert in Bukarest mit rund 8500 Zuschauerinnen und Zuschauern gesungen. Eine Rockoper mit 24 Sängerinnen und Sängern folgte. Dann zog es Alexiou, die aus dem nordgriechischen Kavala stammt, zu ihrem Mann nach Deutschland, der bei einem großen Unternehmen im Landkreis als Computerfachmann arbeitet. Die deutsche Sprache war für sie die größte Herausforderung: „Ich hatte davor großen Respekt, aber ich verbessere mich ständig mit kleinen Schritten“, erzählt sie.

Neben der Leitung des Chores arbeitet sie bei der Musikschule Hohenlohe: Durch ihr Studium der Musikpädagogik will sich die 32-Jährige mehr auf die Vermittlung von Musik an Jüngere konzentrieren, „es macht mir Freude, mit kleinen Kindern zu arbeiten“. Die ganz in schwarz gekleidete Frau nennt „Spaß zu haben“ als wichtigsten Antrieb für ihre Tätigkeit. Konstantina Alexiou schätzt es, dass „meine Arbeit hier respektiert wird“. Aus Griechenland ist sie eher Rivalität gewohnt, in Deutschland zähle der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung. „Ich war überrascht, als mir Vereine angeboten haben, meine Weiterbildungen zu finanzieren.“

Bei ihren Chören legt sie großen Wert auf Stimmbildung und ein breites Repertoire: Neben dem klassischen Liedgut möchte sie Jazz- und Popsongs mit ihren Sängerinnen und Sängern einstudieren und auch griechische und bulgarische Musikelemente einfließen lassen. „Mit dem neuen Material will ich den Chor auch für neue Mitglieder attraktiv machen, ohne aber die Tradition zu vergessen“, betont Konstantina Alexiou. „Die Sängerinnen und Sänger in Gerabronn haben schon eine lange Erfahrung.“ Nach den wenigen Singstunden hat der Chor am 3. Advent während des Gottesdienstes in der katholischen Kirche gesungen. Für 2023 bereitet sie mit den Mitgliedern einen ganzen Konzertabend vor.

„Das ist natürlich auch in unserem Sinne“, erklärt Jörg Engelbrecht. „Neue Lieder machen auch den älteren Spaß.“ Die 32-Jährige gehe mit Begeisterung an ihre Aufgabe, „es macht viel Freude mit ihr und sie hat Humor“. Durch die professionelle und systematische Stimmbildung verbessere sich die Gesangsstimme bei den etablierten Sängerinnen und Sängern. „Wer neu hinzukommen möchte, benötigt keine Vorbildung“, macht der Vereinsvorsitzende klar. „Konstantina Alexiou ist sehr geduldig und jeder kann sich bei uns entfalten.“ th

Bild: Die neue Leiterin des gemischten Chors, Konstantina Alexiou (links), legt großen Wert auf die Stimmbildung: Vor jeder Singstunde trainiert sie mit den Sängerinnen und Sängern.

Ähnliche Beiträge:

Viel Lärm um Friedhofskatzen

Redaktion

Für alle Sinne etwas bieten

Redaktion

Bienenwachsbeutel

Redaktion