Unterregenbach mit seinen nicht einmal 100 Einwohnern liegt idyllisch im Jagsttal bei Langenburg. Dass der Weiler nicht immer so abgeschieden war, zeigen Ausgrabungen, die seit dem 19. Jahrhundert dort stattgefunden haben: Es wurden unter anderem Überreste einer alten Burganlage, einer dreischiffigen Basilika, einer weiteren Kirche und eines möglichen Herrensitzes entdeckt. Welche Bedeutung der Ort hatte, ist derzeit Teil eines Forschungsprojekts.
Doktorand Moritz Foth ist begeistert: „Nach den bisherigen Ergebnissen ist das Ensemble in Baden-Württemberg einzigartig.“ Auch darüber hinaus ist es aus wissenschaftlicher Sicht von großer Bedeutung. Schon in der Frühgeschichte war die Gegend um Unterregenbach besiedelt. Über dem Jagsttal entstand vermutlich spätestens im siebten oder achten Jahrhundert, „vielleicht auch schon früher“, vermutet Moritz Foth, eine alte Burg, die eher eine befestigte Anlage war. Hierher konnten sich die Bewohner der Siedlung im Tal flüchten, wenn sie sich bedroht fühlten. Für die gleiche Zeit wird ein Herrensitz oder ein Wirtschaftshof im heutigen Ort vermutet, nordöstlich der heutigen Kirche St. Veit. Das Alter des Vorgängerbaus der Kirche wird ebenfalls auf das achte oder neunte Jahrhundert geschätzt.
Das wahrscheinlich größte und eindrucksvollste Gebäude war allerdings die dreischiffige Basilika, die eine Länge von 48 Metern und eine Breite von 17 Metern besaß. Am westlichen Eingang sind heute noch im Garten des Pfarrhauses die Fundamente von zwei Glockentürmen zu finden. Sie wurde wahrscheinlich im ausgehenden zehnten Jahrhundert geweiht. Unter dem Pfarrhaus wurde im 18. Jahrhundert der damalige Keller als Krypta einer Kirche erkannt. Als Beginn der archäologischen Erforschung Unterregenbachs gilt allerdings die Entdeckung der Kryptenapsis im Zuge des Pfarrhaus-Neubaus 1880. Die bei verschiedenen Grabungen gemachten Funde – die letzte fand von 1979 bis 1988 statt – wurden nie vollständig wissenschaftlich ausgewertet. Moritz Foth kümmert sich seit Herbst 2022 um die Beurteilung der Stücke. Damit will er unter anderem herausfinden, in welcher Beziehung die Gebäude in Unterregenbach miteinander standen und welchem Zweck sie dienten.
„Die Funde in Unterregenbach waren ein wichtiger Auslöser für die Entstehung der Mittelalterarchäologie in Baden-Württemberg“, ordnet Olaf Goldstein vom Landesamt für Denkmalpflege die bisherigen Erkenntnisse ein. Durch die Forschungen von Moritz Foth erhofft sich der Fachmann neue Erkenntnisse, wann die ersten Bautätigkeiten in Unterregenbach begannen. „Entstand dort ein Kloster oder ein Stift?“, lautet für Olaf Goldstein eine Frage. „Warum verlor der Ort schon wenige Jahrhunderte später seine Bedeutung und versank wieder im Dunkel der Geschichte?“
Die Forschungen über Unterregenbach lagen jahrelang im Dornröschenschlaf, bis Christian Neuber auf das Ensemble aufmerksam wurde und die Stiftung Archäologische Erforschung Unterregenbach gründete. Mit deren Hilfe wollen alle Beteiligten dem Rätsel des Ortes näherkommen.
Als nächster Schritt ist eine Präsentation der bisherigen Befunde im Hällisch-Fränkischen-Museum in Schwäbisch Hall geplant. „Die Ausstellung ermöglicht gerade auch für jüngere Besucherinnen und Besucher einen Blick auf die Möglichkeiten der modernen Archäologie“, erklärt Moritz Foth. „Damit soll Unterregenbach wieder verstärkt ins Gedächtnis rücken“, ergänzt Olaf Goldstein.