Hohenloher pflegen den Kontakt und die Sprache
Sie sind Franken, aber württembergische Franken, von jenseits der bayerischen Grenze. Und obwohl Württemberger, sind sie keine Schwaben. Darauf legen sie großen Wert. Hohenloher nennen sie sich und wenn sie beruflich oder nach der Pension in den Münchner Raum ziehen, befinden sie sich „im Exil“, sagen sie.
Damit das Heimweh zwischendurch gepflegt wird, treffen sich die Bewohner der Hohenloher Ebene seit 40 Jahren einmal monatlich beim Stammtisch in der Ratskeller-Weinstube in München. Wer ihnen dort zuhört, glaubt sich in den afrikanischen Busch versetzt. Höchstens stammesmäßig Verwandte aus Oberfranken Richtung Würzburg könnten ein paar Sprachfetzen verstehen. „Bei uns leicha d’Hähner Gaggelich und d’Geiger kräwe“, ist eine ihrer Textproben. Oder: „Mir doana nix fer Basledou.“ (Basledou = passer le temps, Zeitvertreib). Damit der Dialekt nicht verloren geht, gibt es zwischendurch Lesungen aus den alten „Schlitzöhrigen Geschichten“, neuerdings auch Sprechproben – für Ungeübte schon mehr Zungenbrecher – aus dem neuen Buch „Dr Hohaloher Max un Moritz: A Lumbegschicht in siewe Straach ins Hohalohische iwwersetzt“, von Sebastian Unbehauen.
Neulingen zeigen die „Ausgewanderten“ gerne den auf ihrem Tisch stehenden Wimpel, eine Erinnerung an die ereignisreiche Geschichte des Hohenloher Landes. Die Wappen spiegeln die Vergangenheit ihrer Heimat wider: zwei Leoparden für die Fürsten von Hohenlohe (seit 1153), drei Hirschstangen und drei staufische Löwen für das Königreich Württemberg (1806–1918), der einköpfige Reichsadler des Deutschen Reiches, Adler des Hauses Hohenzollern (1871–1918) und der Frankenrechen als Zugehörigkeitsnachweis zum alten Frankenland.
Die bei fremden germanischen Stämmen häufige Verwechslung der Franken mit den Schwaben wird auch durch das im südlichen Hohenlohe liegende Städtchen Schwäbisch Hall provoziert. Doch Hall, wie der Ort bis 1934 hieß, gehörte ab 1500 dem Schwäbischen Reichskreis an, ein politischer und militärischer Zusammenschluss innerhalb des Heiligen Römischen Reichs unter Kaiser MaximilianI. Daher der Namenszusatz „Schwäbisch“, in Wirklichkeit liegt die Salzstadt im fränkischen Siedlungs- und Sprachgebiet, die Sprachgrenze verläuft südlich der Strecke Gaildorf – Ellwangen. Und noch etwas für die genervten Hohenloher. Nachdem die Alamannen (auch Alemannen) bis zum 5. Jahrhundert zusammen mit anderen germanischen Stämmen den Römern Widerstand boten, wurden sie zwischen 496 und 507 vom fränkischen König Chlodwig I. unterworfen. Unsere fränkischen Vorfahren integrierten den Stamm der Alamannen oder trieben ihn hinter den Murrhardter Wald, die südlichen Limpurger Berge und den Virngrund bei Ellwangen nach Süden. Dort beginnt bis heute ihr Hauptgebiet. Die Alamannen sind ursprünglich Elbgermanen, also Stämme der Sueben, woraus der Begriff Schwaben entstand.
Die Charakterisierung der Hohenloher ist nicht einfach. Mal sind sie verschlossen, verdruckst, eigenbrötlerisch, mal – vor allem im Exil – aufgeschlossen, offenherzig, integrationsfähig. Untereinander können sie aber recht grob sein, was auch mal in einer Götz’schen, etwas milderen Form zum Ausdruck kommen kann: „Du kousch (oder konnsch) mi“. Eine mehr mitleidige, liebenswürdige Bezeichnung ist der Begriff „Hamballe“ oder „Hamballi“.
Wie jedem Stammtisch droht auch den Hohenlohern eine Ausdünnung durch „natürliche Auslese“, obwohl schon einige „jungi Hipfer“ zur Stamm-Mannschaft gehören. Zur Auffrischung sind „im Exil“ lebende Hohenloher aufgerufen, probeweise am Stammtisch teilzunehmen. Obwohl sich die Hohenloher Ebene von Heilbronn bis zur Frankenhöhe (Schillingsfürst) ausdehnt, stammen in München die württembergischen Franken vorwiegend aus Crailsheim, Westgartshausen, Gerabronn, Schrozberg, Langenburg, Künzelsau, Öhringen, Ingelfingen, Rückertshausen/Braunsbach und ein paar anderen Nestern… Gottfried (Johnny) Aigner
Info: Der Stammtisch findet jeden ersten Dienstag im Monat ab 18 Uhr in der Weinstube des Münchner Ratskellers statt. Angeheiratete Schwäbinnen bzw. Schwaben oder Münchnerinnen bzw. Münchner dürfen gerne mitgebracht werden.
Einige der Hohenloher in München (v.li.): Reiner Hieber (ursprünglich aus Crailsheim), Richard Hörle (Ingelfingen), Christel Dolezelak (Crailsheim), Leo und Ursula Stehr (Langenburg), Hanna Ziegler (Gerabronn), Hanne Gschwandtner (Gerabronn), Simone Hieber (Ehefrau von Reiner Hieber, keine Hohenloherin).
Dieser Wimpel begleitet die Stammtischschwestern und -brüder seit Jahren.