Ebbes aus Hohenlohe

Getreide direkt vom Feld in die Backstube

Um die Wertschöpfungskette in den eigenen Händen zu behalten, gründeten Biolandwirte vor über 30 Jahren die Obeg in Schrozberg-Zell.

In den Hochregalen lagern Säcke mit Dinkelkörnern neben Roggenschrot, dazu kommen Mohn, Vanilleschoten und verschiedene Aromen. Es herrscht ein umtriebiges Hin und Her der Gabelstapler. Im Lager der Obeg kommissionieren die Mitarbeiter Bestellungen und bereiten sie für die Lieferung vor. Vom kleinen Schrozberger Teilort Zell werden Bäckereien im nördlichen Baden-Württemberg und Teilen Frankens mit selbstproduzierten Saaten, Getreiden und Getreideprodukten sowie mit Handelswaren beliefert.

Die Organisch-biologische Erzeugergemeinschaft Hohenlohe (Obeg) ist vor 31 Jahren von ihrem Vater Walter Schuch sowie Richard Beck und sieben weiteren Landwirten gegründet worden, erzählt Geschäftsführerin Anna Schmieg. Biolandwirte hatten damals keine Möglichkeit, ihre Produkte zu vermarkten: „Die Nachfrage war einfach nicht da.“ So haben sich die leidenschaftlichen Biobauern quasi als Pioniere zusammengetan, gemeinsam einen Markt geschaffen und beliefern seitdem Kunden mit ihrem vor Ort angebauten Getreide. Dabei haben sie einen möglichst großen Teil der Wertschöpfung selbst in der Hand behalten. Von Beginn an war es den Landwirten wichtig, dass ihre qualitativ erstklassigen Bioland- und Demeter-Körner zu hochwertigen Backwaren verarbeitet werden.

In der Zwischenzeit hat sich die Obeg zu einem wichtigen Partner von Biobäckereien entwickelt: Rund 6000 Tonnen Getreide von130 Landwirten wird gesammelt, gereinigt, aufbereitet und an gut 120, meist kleine Bäckereien geliefert. Ihre Kunden seien oft in den Ballungszentren zu finden, erklärt Anna Schmieg. Dort legen Verbraucher großen Wert auf Bio-Produkte. Auf dem Land sei es dagegen wichtig, dass die Backwaren einfach gut schmeckten, da könnte das Biozeichen schon fast abschreckend wirken, berichtet die Geschäftsführerin.

Neben dem klassischen Backgetreide liefern die derzeit 32 Mitarbeiter der Obeg auch ausgefallenere Erzeugnisse aus der Region: Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Kürbiskerne, Amarant, Linsen und seit Neuestem auch Hirse. Bei Biobäckern sind darüber hinaus alte Sorten wie Sommer- und Winteremmer, Einkorn oder Urmut beliebt. Viele Bäcker greifen ganz bewusst auf die Produkte aus der Region zurück, „was hier wächst soll auch hier verarbeitet werden“, lautet das Kredo.

Anna Schmieg ist seit 2017 Mit-Geschäftsführerin der Obeg. Die promovierte Verfahrenstechnikerin machte sich den Einstieg in das väterliche Unternehmen nicht leicht. Sie arbeitete bei einer Großmolkerei und stellte fest, dass sie dort nicht wie eine Angestellte agierte, sondern sich wie eine Geschäftsführerin engagierte. Dann könnte sie auch ihre Kraft in Schrozberg-Zell einbringen und das Lebenswerk ihres Vaters fortführen, waren ihre Gedanken.

Herausforderungen für die Zukunft gebe es genug: Da Discounter verstärkt Biowaren vermarkten, sei es wichtig die bäuerlichen Strukturen der Branche zu erhalten. Immer mehr Betriebe würden auf die nachhaltige Produktion umstellen, oftmals aber nicht aus Überzeugung, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen, analysiert Anna Schmieg die Situation. Sie möchte die Obeg in der ursprünglichen Form als direkte Vermarktungsgesellschaft für landwirtschaftliche Familienbetriebe erhalten. Damit sei auch weiterhin der Weg vom Erzeuger zum Verarbeiter kurz – eine Konstellation, von der bisher beide Seiten profitiert haben. th

Foto: Anna Schmieg ist stolz auf das hochwertige, in Hohenlohe produzierte Getreide, das die Obeg direkt an Bäckereien in weitem Umkreis verkauft.

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