Ebbes aus Hohenlohe

„Habe es gerne ordentlich“

Rolf Hauber entsorgt in Maulach und Umgebung das, was andere achtlos wegwerfen.

Wenn jeder bloß ein bisschen Abfall wegwirft, ergibt das bei vielen tausend Menschen auch einen großen Haufen. Vor allem an Straßenrändern sammelt sich so mancher Unrat an. Und wer räumt das weg?

Rolf Hauber fällt auf: Er ist mit seiner neongelben Jacke regelmäßig zwischen Roßfeld und Maulach, teilweise auch bis Unterschmerach, unterwegs. In der rechten Hand hält er eine Zange und links eine Tüte. Er sammelt das auf, was andere Leute achtlos wegwerfen. Seit gut acht Jahren ist er mehrmals in der Woche unterwegs, um den Abfall anderer Leute wegzuräumen.

„Damals wollte ich mit dem Fahrrad nach Roßfeld fahren“, erzählt der Rentner. „Auf dem Radweg lag aber so viel Müll, dass ich mit dem Rad gar nicht durchkam.“ Was tun? Beschweren ist nicht die Sache des 74-Jährigen, er packt selbst an. Nach Rücksprache mit der Crailsheimer Stadtverwaltung erhielt er seine Ausrüstung und die Entsorgung des von ihm gesammelten Mülls wurde geklärt. Seitdem ist er unterwegs.

Vom Kinderbett und Klamotten über Grill und Gasflaschen bis hin zu noch frisch verpackten Saitenwürstle, Essensresten und leeren Schachteln reicht die Palette der Fundsachen. „Die Leute lassen es einfach an den Parkplätzen liegen, teilweise vergessen sie auch etwas.“ Doch nicht alle Autofahrer, Camper und Lasterfahrer verhalten sich wie Umweltferkel, viele Besucher nehmen ihre Hinterlassenschaften mit. Andere wiederum werfen den Abfall einfach aus dem Autofenster.

Davon können auch Reinigungsfirmen ein Lied singen: Im Winter hält sich die Menge noch in Grenzen, sobald es wärmer wird, liegt mehr Müll herum – und jedes Jahr wird es mehr. Die Fachleute führen dieses Verhalten auf eine Verrohung der Gesellschaft bei der utzung öffentlicher Räume urück. Der Straßenverkauf von Fastfood-Ketten, Coffee-to-go und pontanen Freiluftpartys trägt benfalls dazu bei. ie igenverantwortung bei den Menschen nimmt ab. Die Wissenschaft ist dem so genannten „Littering“ nachgegangen. Unterschiedliche Studien der Humboldt-Universität Berlin haben herausgefunden, wie Wegwerfer ihr Verhalten begründen: wahlweise mit Faulheit, Gewohnheit, Unachtsamkeit, schon vorliegender Verschmutzung oder mit den Worten „Es war doch nur ein bisschen Müll“. Beliebt sind demnach auch die Erklärungen „Das machen doch alle!“ oder „Das ist doch im Kaufpreis mit drin.“

Rolf Hauber kennt diese Einstellung: „Viele Leute fragen mich, warum ich den Müll sammle. Dabei ist es doch meine Freizeit, mit der ich machen kann, was ich für richtig halte.“ Durch seine selbst gewählte, sinnvolle Tätigkeit, ist er auch noch an der frischen Luft – jede Woche zwischen 10 und 20 Stunden – und legt dabei 20 bis 30 Kilometer zurück. „Ich habe es gerne ordentlich“, begründet der studierte Elektrotechniker sein Ehrenamt. „Ich lege selbst Hand an und sage nicht anderen, was sie tun sollen.“ Auf seinen Touren kommt auf diese Weise einiges zusammen: pro Jahr mindestens 50 große Müllsäcke, dazu noch etliche volle Gelbe Säcke mit Kunststoffen, die wiederverwertet werden, sowie einige Fuhren Glas, die gleich in den richtigen Containern landen – Mülltrennung ist wichtig.

Zwar ist das Entsorgen von Abfällen in der Natur strafbar, aber leider werden nur wenige Verursacher zur Rechenschaft gezogen. Zur landesweit gesammelten Müllmenge entlang von Straßen gibt es keine Statistiken, aber das Verkehrsministerium in Stuttgart weiß, wie viel die Müllbeseitigung im öffentlichen Raum kostet: 2015 waren es rund vier Millionen Euro.

Laut einer Statistik der Verbraucherzentrale fallen in Deutschland bei Einwegbechern für Kaffee, rfrischungsgetränke und Bier rund 110000 Tonnen Müll pro Jahr an, Tendenz steigend. Dabei werden sie nur rund
15 Minuten lang genutzt, danach einfach entsorgt. Die Menge der Einweg-Verkaufsverpackungen, darunter Papier, Glas, Kunststoffe und Metalle, nimmt in Baden-Württemberg seit Jahren kontinuierlich zu: 2016 waren es 74,7 Kilogramm pro Einwohner.

Das Abfallaufkommen alleine im Kreis Schwäbisch Hall ist ebenso bemerkenswert: Jeder der rund 193000 Einwohner des Landkreises erzeugt pro Jahr 382 Kilogramm Müll. Insgesamt sind das 74000 Tonnen – dies entspricht allerdings nur der von der Müllabfuhr gesammelten Menge. 

Im Schnitt wirft jeder Bundesbürger pro Jahr rund 80 Kilogramm noch essbare Lebensmittel im Wert von rund 230 Euro weg. Die Lebensmittel wurden damit sozusagen für die Mülltonne hergestellt, verursachten aber trotzdem Umweltbelastungen wie andere Lebensmittel auch und müssen entsorgt werden.

Diese Zahlen zeigen, dass jeder durch bewusstes Verhalten dazu beitragen kann, die gesamte Müllmenge zu reduzieren. th

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