Seit ein paar Wochen ist der Waldkindergarten in Gerabronn geöffnet. Die Kinder halten sich dabei den ganzen Vormittag in der Natur auf.
Aus dem nahen Wäldchen tönt Kindergelächter, Holz wird auf Holz geklopft und ein paar Kids versuchen sich gegenseitig zu fangen. Die Erzieherin ist nicht mit dabei, sie hört aber genau, was dort vorgeht und weiß, dass sie den Kindern vertrauen kann. „Wir lassen die Kinder sich unbeobachtet, in einem geschützten Rahmen entwickeln“, erläutert Leiterin Katrin Menzel das Konzept der „entpädagogisierten Räume“. Der Waldkindergarten auf der Hochzeitswiese in Gerabronn hat seit Ende August geöffnet, und die ersten Kinder freuen sich an dem neuen Angebot.
Die Planungen für die Eröffnung laufen schon länger, berichtet Bürgermeister Christian Mauch: Die ersten Überlegungen gab es 2020. Dabei war lange nicht klar, wo ein idealer Ort für den Kindergarten sein könnte. Denn es sollte möglichst ein Wald in der Nähe, der Platz muss gut mit dem Auto erreichbar und die Stadt sollte Besitzerin der Grundstücke sein. Die Hochzeitswiese an der Straße Richtung Bügenstegen wurde als passender Ort ausgemacht. Für die Streuobstwiese, auf der Hochzeitspaare Bäume pflanzen konnten, fühlte sich niemand mehr verantwortlich. Ihr könnte durch den Kindergarten und eine Grillhütte wieder Leben eingehaucht werden, so die Überlegungen der Verwaltung. Ein angrenzendes Grundstück wurde gekauft und so die Fläche abgerundet. Im Dezember 2020 gab der Gemeinderat den Startschuss und stellte Katrin Menzel als Leiterin ein.
Die Erzieherin hat seit 16 Jahren Erfahrungen mit Waldkindergärten, „mein Herz schlägt dafür“. Die Heroldhausenerin schrieb das Konzept und stellte den Antrag für die Betriebserlaubnis der Gerabronner Einrichtung. Zentrum des Waldkindergartens ist ein beheizbarer Bauwagen, in den sich die Kinder und die Erzieherinnen bei ganz schlechtem Wetter zurückziehen können, ansonsten findet das Leben draußen statt. Von den 20 Plätzen sind derzeit noch sieben frei.
Trotz der vielen Freiheiten, die die Kinder im Waldkindergarten haben – „sie entscheiden selbst, was sie spielen möchten“, betont die Leiterin – gibt es einen strukturierten Tagesablauf: Beginn ist der Morgenkreis auf Baumstümpfen. Hier wird gemeinsam mit den drei Erzieherinnen der Tag geplant und überlegt, wo der Vormittag verbracht werden soll. Außerdem erzählen die Kinder, was sie bewegt. Manche haben auch schon genaue Vorstellungen, was sie den Tag über machen möchten. Nach einer ersten Zeit zum freien Spielen mit Klettern, Rollenspielen, Schnitzen, Bauen, Malen, Schaukeln und Entdecken wird gemeinsam gefrühstückt. Sollte es mal richtig stark regnen, spannt die Gruppe eine Plane, unter der sie gemütlich essen kann. Danach geht es weiter mit den Aktivitäten im Wald.
Zum Ende des Kindergartentages, um die Mittagszeit, trifft sich die gesamte Gruppe wieder zum Abschlusskreis. Bei dieser Gelegenheit gibt es gemeinsame Spiele, Geschichten werden erzählt und Kinderkonferenzen abgehalten. „Für uns ist wichtig, dass wir miteinander sprechen“, betont Katrin Menzel. Kinder sollen dabei erkennen, dass sie eine Stimme haben, aber auch, dass sie verlieren können – denn die Mehrheit beschließt, was gemacht wird. „Wir verfolgen einen lebensbezogenen Ansatz, die Kinder sollen lernen, für sich selbst sorgen zu können.“ Darum legt der Waldkindergarten großen Wert darauf, dass sich die Kleinen gemeinsam mit ihren Eltern das Angebot anschauen und dann auch gemeinsam entscheiden, ob es das Richtige für sie ist.
Die Kinder spielen, basteln und bauen mit allem, was die Natur hergibt. Werkzeuge sind vorhanden, die restlichen Materialien werden gesammelt. „Die Natur gibt vor, was wir spielen, sie ist der Komplize der Kinder“, erklärt die Leiterin. „Feld, Wald und Wiese sind die Erzieher, geben den Raum vor, wir Pädagogen sind nur die Begleiter.“ Da die Kinder aus Erfahrungen lernen sollen, gibt es nur wenige, aber sehr klare Regeln: Beispielsweise wie Äste transportiert werden, ohne dass andere Kinder verletzt werden. Die Kleinen müssen sich schon selbstständig anziehen können, denn gerade in der kalten und nassen Jahreszeit haben sie oft fünf Schichten Kleidung übereinander an.
Der Austausch ist nicht nur zwischen den Kindern und den drei Erzieherinnen wichtig, sondern auch unter den Mitarbeiterinnen: Sie besprechen Beobachtungen der Kinder, denn die gruppendynamischen Prozesse sind entscheidend für die soziale und emotionale Entwicklung der Kinder. So können auch individuelle Projekte für Kleingruppen angeboten werden. Das Team berichtet ausführlich über den Fortschritt der Kinder. Die Rückmeldungen der Eltern seien bisher recht positiv, erzählt Katrin Menzel, „sie sind rundum zufrieden“. Bürgermeister Christian Mauch ergänzt, dass die Dankbarkeit für ein weiteres Angebot vorherrscht: „Die Kinder sind im Waldkindergarten gut aufgehoben und sie sprühen vor Begeisterung.“ th
Foto: Symbolbild